Apropos Überwachung

Mit der Anfang 2008 in Kraft getretenen Vorratsdatenspeicherung werden sämtliche Verbindungsdaten im Internet und im Mobilfunk protokolliert und für ein halbes Jahr gespeichert. Damit wird es für Ermittlungsbehörden, aber auch für diejenigen, die diese Datenberge speichern, ein Leichtes, soziale Netzwerke zu rekonstruieren. D.h. es kann mit sehr einfachen Methoden festgestellt werden, wer mit wem wann und wie oft kommuniziert. Als ob das nicht genug wäre, werden Überwachungsmaßnahmen an allen Ecken und Enden ausgebaut: Mit PNR-Abkommen (Passenger Name Record) und SWIFT-Datenübermittlung (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) gibt es auch eine Vorratsdatenspeicherung für alle unsere Flugreisen und Bank-Transaktionen. Online-Durchsuchung, lebenslange Steuer-Identifikationsnummer, DNA-Analysedatei, flächendeckende Videoüberwachung (bald mit automatischer Gesichtserkennung) und Fingerabdrücke in Reisepass und Personalausweis runden das staatlich verordnete Überwachungspaket ab. Aber auch private Datensammler sind unterwegs. Google und andere Suchmaschinen werten jede Eingabe aufs sorgfältigste aus und erstellen Profile ihrer Nutzer_innen. Solcherlei „Mehrwertdienste“ betreiben auch Tengelmanns und Edekas mit ihren Kundenkarten, die unter dem Rabatt-Versprechen die Schnüffelei perfektionieren. Persönliche Daten sind eine lukrative Handelsware.

Widerstand gegen diesen Generalangriff auf das Recht auf Privatsphäre formt sich zunehmend. Die „Freiheit-statt-Angst“-Demos sind nur mit größter Ignoranz noch zu übersehen. So waren am 11. Oktober einige zehntausend Menschen in Berlin zum Protest vereint – eine bunte Bewegung, die sogar bis zu bizarren FDP-Fahnenträgern reicht. Dass dabei die Gründe des Protests entsprechend unterschiedlich tief reflektiert sind, ist daher wenig überraschend. Bürgerlich-liberale Vorstellungen von politischen Freiheitswerten und der individuellen Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat sind ebenso anzutreffen wie umfassendere, soziale und ökonomische Dimensionen einbeziehende Begründungen. Insbesondere die Thematisierung der sozialen Dimensionen von Überwachung und Kontrolle, etwa bei Hartz IV, dem Schnüffelparagraphen 129a/b sowie der EU-Migrationskontrolle, wird von vielen Gruppen richtigerweise betrieben. Es ist kein Zufall, dass in Zeiten neoliberaler Deregulierung, sozialer Polarisierung und Militarisierung der Gesellschaft der Staat die eigenen Messer schärft.

Vor diesem Hintergrund wird die Frage, wie die elektronische Kommunikation vor Schnüffeleien geschützt werden kann, zunehmend wichtig und stellt sich durchaus praktisch: Zunächst einmal wäre da die Wiedereinführung des Briefgeheimnisses mittels Email-Verschlüsselung. Und wenn schon verschlüsselt wird, warum nicht gleich auch Dateien, Verzeichnisse, Betriebssysteme. Bewegungen im Internet können anonymisiert werden. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die für Einzelne leicht umzusetzen sind. Generell gilt: je mehr Leute diese Möglichkeiten nutzen, umso schwerer wird es für staatliche und private Schnüffler.


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